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Autor: Carsten Engel Erstpublikation: 23.02.2014

Inhaltsverzeichis

  1. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier
  2. Veränderungswillen
  3. Warum brauche ich einen Veränderungsprozess im Unternehmen?
  4. Warum ein Grundgedanke für Veränderungsprozess im Unternehmen?
  5. Vom Grundgedanken über den Prozess zum SMARTen Ziel
  6. Glaubwürdigkeit in der Theorie
  7. Gelebte Glaubwürdigkeit
  8. Wie lange dauert ein Veränderungsprozess?

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier

Konrad Lorenz beschreibt in seinen Zusammenfassungen, wie Tiere sich Verhaltensweisen aneignen, die, auch wenn sie in Ausnahmesituationen zuerst genutzt wurden, schnell zur Gewohnheit werden.

Der Mensch, wenn wir ihn mal als spärlich behaartes Säugetier betrachten, schlägt hier in keinster Weise aus der Art. Kennen Sie den Kollegen, der morgens nicht ansprechbar ist, solange er nicht seinen Kaffee bekommen hat?

Ich kenne den Kollegen. Rituale und Gewohnheiten. Aufstehen, Blick auf den PIM1, erster Kaffee, Duschen, zweiter Kaffee, gestresst ins Auto, zur Arbeit, PC einschalten, Kaffee holen und dann mit der Arbeit loslegen.
Wie schwer fällt es uns, unsere Gewohnheiten zu verändern? Wenn ich heute in meiner Suchmaschine "Gewohnheiten verändern" eingebe, erhalte ich etwa 920.000 deutsche Treffer. Darunter "15 Tipps, um Gewohnheiten zu ändern" oder "Aus der Gehirnforschung: Wie wir ungeliebte Gewohnheiten loswerden"

Stimmt es also, dass wir gar keine Veränderung wollen? "Denke nicht, es stört das Gehirn beim Arbeiten". Diese Feststellung scheint wohl einer der wichtigen Gründe dafür zu sein, warum wir so gerne Dinge repetieren.

Naja, es ist ja auch nicht gerade spannend, sich jeden Morgen zu überlegen, wie und mit welchem Werkzeug ich heute die Statistik der Verkaufszahlen erarbeite. Die vielen abgespeicherten Gewohnheiten, wissenschaftliche Forschungen haben ergeben, dass die Gewohnheiten in den Basalganglien abgespeichert werden, erleichtern mir das Leben.

Veränderungswillen

Liegt das nur an mir, dass ich Veränderungen positiv eingestellt bin? Bin ich atypisch und doch kein "spärlich behaartes Säugetier"? Mag ich tatsächlich immer Veränderung? Suche ich jeden Morgen nach einem neuen Weg, meine Arbeit zu erledigen?

In unserem Arbeitsuniversum gehen wir davon aus, dass jeder eine persönliche und eine dem Umfeld geschuldete Haltung zu einer Veränderung hat. Untersuchungen ergeben2, dass es in der Absolutheit drei Typen im Umgang mit Veränderungen gibt:
Die Gegner, die Unentschlossenen und die Unterstützer.

Warum brauche ich einen Veränderungsprozess im Unternehmen?

Dem Veränderungsmanagement, zu neudeutsch Change Management wird vorgeworfen eine Modeerscheinung zu sein. Eine Menge Unternehmen verdienen sehr viel Geld damit. Beraterheere wandern von einem Unternehmen zum Nächsten. "Change Agents", Veränderungsexperten, Pädagogen und Psychologen nehmen sich dem Kultur- und Unternehmenswandel an und rühren die Werbetrommel um Unternehmen schneller, besser und agiler zu machen. Das Veränderungsmanagement ist sicherlich in der eingesetzten Methode zu kritisieren, die Notwendigkeit von Veränderungsprozessen in einem Unternehmen zur Sicherung dessen Fortbestands ist sicherlich unbestritten, auch wenn es (einige wenige) Unternehmen geben mag, die ihre Prozesse noch nie anpassen mussten.
Abstrahieren wir den Begriff, sehen wir, dass Veränderung in einem marktwirtschaftlich orientierten System zwingend notwendig ist. Der Markt reguliert sich selbstständig und zerstört Unternehmen, die den Maßgaben an Angebot und Nachfrage nicht nachkommen.
Deshalb stelle ich immer die Frage, ist die Veränderung eine "es ist gerade Opportun Veränderung die alle Unternehmen durchführen" oder möchten sie diese Veränderung, weil sie glauben, dass ihr Unternehmen davon profitiert?
Wenn letzteres der Fall ist und sie wirklich diese Veränderung, eine Veränderung der Unternehmenskultur anvisieren, kommen wir zur zweiten Antwort auf die Frage.
Der Unternehmenslenker gibt vor, wie, wann und wo Veränderung notwendig ist. Gibt die Unternehmensführung die Veränderung nicht mit vollem Herzen vor, haben Sie gute Chancen, dass ihr Veränderungsversuch zum Einen sehr teuer und zum Andern nicht erfolgreich ist.
Die Endausbaustufe einer veränderungsoptimierten Organisation ist eine "Bottom-up" Struktur. Dies bringt viele Unwägbarkeiten mit sich und ist äußerst schwierig zu steuern aber sehr flexibel. Diese Organisation, die sich meist durch die Selbststeuerung über Werte steuert, reagiert agil auf die Gegebenheiten, die vor allem für Unternehmen in sich schnell ändernden Märkten vorteilhaft ist.
Denn Vorsicht, die Geschichte lehrt uns, dass selbst große Unternehmenslenker irren können…

Warum ein Grundgedanke für Veränderungsprozess im Unternehmen?

Bei Projekte mit Laufzeiten von zwei und mehr Jahren ist der Erfolg alleine durch das professionelle Projektmanagement nicht zu gewährleisten. Nehmen wir z. B. das Projekt ABS/NBS Karlsruhe Basel. Die diversen Probleme konnten in der Tagespresse verfolgt werden. Demonstrationen, Bürgerbeteiligungen, Meinungsumfragen, Schlichtungen, Kampf um bedrohte Tierarten etc.

Die Gemengelage, die Interessen unterschiedlicher Projektteilnehmer bzw. nicht Projektteilnehmer, Budget, Technologie und die vielen anderen Themen die man bedenken müsste, wenn man 20 Jahre im Vorfeld alles Bedenken wollte, übersteigt meines Erachtens nach die Fähigkeit aller Planer.

Nehmen wir einmal an, eine Person manifestiert einen Grundgedanken, zusammengefasst in einem kleinen Satz, der allen Lesenden bzw. Hörenden leicht verständlich ist.

Diese Satzart kennen sie wahrscheinlich aus ihrer Unternehmensvision. Genau diese Funktion übernehmen Sie mit ihrer Definition des Veränderungsvisionssatzes. Sie geben dadurch, wie auch in der Unternehmensvision, die Leitplanken für weitere Aktionen aller Mitarbeiter.

Die Beteiligten können sich in diesen Leitplanken bewegen und ihre eigene Interpretation des Gedankens über Jahre hinweg leben. Selbst Jahrzehnte später ist der Grundgedanke des Satzes interpretier- und noch viel besser, er wäre umsetzbar.

Goethe fasste das im letzten Jahrtausend so zusammen

"Sobald der Geist auf ein Ziel gerichtet ist, kommt ihm vieles entgegen.

Vom Grundgedanken über den Prozess zum SMARTen Ziel

Sie können am Beginn einer Veränderung nicht alle Eventualitäten betrachten, weshalb sie sich ja auch einen Grundgedanken überlegen, diesen formulieren und kommunizieren.

Um ihren Grundgedanken für die Mitarbeiter in kleinere Maßnahmen zu zerteilen, ist es sinnvoll, die Ziele der Veränderung zu formulieren.

Wenn sie den Grundgedanken als Fundament gelegt, einen Veränderungsprozess angestoßen haben, ist es wichtig, Ziele zu formulieren, die sie mit der Veränderung erreichen wollen.
Aber Vorsicht! Oft passiert es, Ziele so oder so ähnlich zu formulieren: “Wir sollten mal die Wertschöpfungskette überarbeiten.”

Dies birgt große Gefahren mit sich. Sofern sie Ziele nach der SMART Formel definieren, umgehen Sie für ihr Veränderungsvorhaben einige Fallstricke. Formulieren Sie Ziele:
  • S-pezifisch: beschreiben sie ihr Ziel so genau wie möglich.
  • M-essbar: geben sie ein Maß an, das das Ziel quantifizierbar macht. Nicht nur machen sondern wie viel bearbeiten.
  • A-ktionsauslösend: achten sie darauf, dass sie ihre Tätigkeit beschreiben, etwas, was sie tun, nicht etwas, auf das sie angewiesen sind.
  • R-ealistisch: Lieber ein kleineres Ziel früher fertig haben und danach gleich das nächste Ziel anvisieren als sich zu überschätzen und am Ende zeitlich und kräftemäßig kein Ergebnis zu erhalten. Ambitionierte Ziele: JA, Überfordernde Ziele: NEIN
  • T-erminiert: für ihre Zielerreichung ist es ungemein wertvoll, wenn sie einen Start- und dienen Endtermin planen.
Ein gut formuliertes Ziel lautet: “Ab Montag, 15.02. bearbeitet Herr Meier die Beiträge der Logistik zur Wertschöpfungskette jeden Freitag für eine Stunden um an Ostern dieses Jahres fertig zu sein.”

Sobald sie dieses Ziel definiert haben, öffnen sie den Kalender und tragen dort die Messpunkte für die Erledigung der Arbeit mit dem Titel, "Messpunktbesprechung Hr. Meier / Wertschöpfung Logistik" für eine Stunde ein. Aber nehmen sie diesen Terminblocker nicht als Alibi, andere Aufgaben in dieser Zeit zu tun. Konsequentes umsetzen der Zielsetzung sollte ihr Anliegen sein.

Glaubwürdigkeit in der Theorie

"Glaubwürdigkeit ist ein Maß der Bereitschaft des Adressaten, die Aussage einer anderen Person als gültig zu akzeptieren. Erst im Weiteren wird der Person und ihren Handlungen Glauben geschenkt. Glaubwürdigkeit ist eine attributionale Eigenschaft, die anderen zugeschrieben wird.

Glaubwürdigkeit ist von zentraler Bedeutung für die Wirksamkeit von Handlungsmotiven und spielt daher in der Öffentlichkeitsarbeit, Marktforschung und Meinungsforschung (Public Relations) eine wichtige Rolle."

Die Glaubwürdigkeit der Veränderung kann unterstützt werden dadurch, dass…

Gelebte Glaubwürdigkeit

Der Veränderungsprozess der Organisationsstruktur ist freigegeben. Ein strategisches Projekt, Managementattention.

Die Funktionsbeschreibungen sind vollumfänglich beschrieben, die Titel und Skillprofile in den Datenbanken hinterlegt und der Projektabschlussbericht durch die Geschäftsführung unterschrieben. 34 Tage nach der Freigabe des Projektes werden die neuen Funktionen für den Verkauf zur Prüfung in die Geschäftsführung gegeben.

Was glauben Sie, was das Ergebnis war?

Selbstverständlich werden andere Titel auf den Visitenkarten angedruckt, denn die Außen- und die Innendarstellung ist aus Sicht der Unternehmensführung zwei völlig unterschiedliche Betrachtungen. Wenn dies auch Ihre Meinung ist, dann frage ich wie Sie eine integrierte Wahrnehmung in ihrem Unternehmen ermöglichen wollen. Die Ergebnisse stellten sich wie folgt dar:
  • Wenn Funktionsbeschreibung auf Anstellungsvertrag, dann Funktionsbeschreibung aus Mitarbeiterdatenbank
  • Wenn Funktionsbeschreibung auf Visitenkarte, dann Funktionsbeschreibung aus Marketingdatenbank
  • Wenn Funktionsbeschreibung auf Visitenkarte der Tochter des Geschäftsführers, dann Funktionsbeschreibung aus Kopf des Geschäftsführers
  • Wenn Funktionsbeschreibung auf Visitenkarte der bevorzugten Führungskraft, dann Funktionsbeschreibung aus Kopf der Führungskraft
  • Sie verstehen, was ich meine? Der Fisch stinkt vom Kopf. Wenn Sie Einsparungen predigen und mit einem nagelneuen Firmenfahrzeug der Luxusklasse auf den Hof fahren, ist dies unglaubwürdig. Veränderungen beginnen bei ihnen und anschließend tun sie Gutes und reden darüber.

    … für den Geschäftsführer

    Wenn Sie eine Veränderung möchten, ist es wichtig, dass sie ihren Mitarbeitern glaubwürdig ihre Vision, ihren Grundgedanken näher bringen. Die gelingt ihnen nur bedingt mit Marketingmethoden.
    Glaubwürdig wird ihre Vision vor allem dadurch, dass sie die Veränderung mit Leben erfüllen. Für sie gelten die Interpretationen der Veränderung am Meisten. Ihr Verhalten wird von allen Mitarbeitern in Bezug zur Veränderung gesetzt.

    Stimmen sie ihre Wünsche und ihre Ziele für die Veränderung mit den Führungskräften ab. Nutzen sie dazu die zyklischen Termine, die sich im Sitzungskalender wiederfinden.

    …für die Führungskraft

    Wenn ihr Geschäftsführer die Veränderung veranlasst hat, wenn sie an die Veränderung glauben und wenn sie diese wirklich umsetzen möchten, ist es wichtig, die Veränderung mit so viel Leben füllen wie möglich.
    Stimmen sie sich unbedingt mit allen Kollegen ab. Prüfen sie ihre Interpretation der Veränderung mit dem Grundgedanken. Diskutieren sie mit den Kollegen.

Wie lange dauert ein Veränderungsprozess?

Sie erreichen nachhaltige Veränderung nur mit Zeit.

Sofern sie strategisch an die Veränderung herangehen sollten sie mit einem Veränderungszyklus von sieben Jahren plus minus zwei Jahre rechnen10. Meine Erfahrungen zeigt mir, dass Veränderungen im Unternehmen lange brauchen, bis sie tatsächlich von allen Mitarbeitern mitgelebt werden können.

Diese Annahme liegt den nachfolgenden methodischen Ansätzen zugrunde und bedeutet vor allem, dass die Umsetzung einer Veränderung durch externe Mitarbeiter gänzlich ausscheidet.

Sicherlich ist punktuelle Hilfe im Veränderungsprozess (Coaching, Konfliktmanagement etc.) sinnvoll und notwendig, aber solange die Geschäftsführer mit den Führungskräften die Veränderung nicht selbst umsetzen, wird die Veränderung nicht erfolgreich sein.

In der Psychologie, Medizin- und Paarliteratur finde ich einige Hinweise darauf, dass Veränderungen etwa in 7-Jahres Schritten stattfinden, was meine Erfahrung etwas unterstützt.

In der Wirtschaft finden wir ebenfalls einige Beispiele für einen guten, tiefgreifenden Veränderungsprozess der etwa 7 Jahre dauerte.

Die Firma ABB die bereits mehrfach bewiesen hat, wie externe Gegebenheiten (Kriege, Technologieänderung etc.) zu internen Veränderungen geführt haben belegt die Theorie vor allem durch die Restrukturierung der Jahre 2001 bis 2007 unter der Ägide von Jürgen Dormann.

Der Grundgedanke der vor der Jahrtausendwende entstand, wurde zunächst Projektartig in die Unternehmung getragen, die Fehler der vorherigen Veränderungsprojekte vermeidend und anschließend wurde durch kontinuierliches Vorbild des Großteiles der Führungskräfte eine Kulturveränderung